Tuesday, March 3, 2015

Was ist die heilige Messe?

Pater Andreas Endl Herz Jesu Franziskaner


Was ist die heilige Messe?

Die Heilige Messe ist die unsichtbare und unblutige Erneuerung des Kreuzesopfers Unseres Herrn Jesus Christus. Dieses Opfer vollzieht sich im Augenblick der Wandlung, wenn Jesus Christus unter den getrennten Gestalten von Brot und Wein auf dem Altar gegenwärtig wird. Wie das Konzil von Trient lehrt, ist es dasselbe Opfer wie das von Kalvaria, denn es ist derselbe Opferpriester (denn der geweihte Priester handelt nur als Stellvertreter, "in persona" Christi, der der eigentliche Opferpriester ist) und dieselbe Opfergabe, nämlich Christus selbst. Verschieden ist die Art der Darbringung: blutig und real auf Golgotha, unblutig und mystisch-sakramental in der heiligen Messe; und verschieden ist der Zweck: auf Golgotha hat uns Jesus Christus die Gnade der Erlösung verdient, in der heiligen Messe werden uns die Gnaden zugewendet.

Auf wen geht die Heilige Messe zurück?

Die Heilige Messe geht direkt auf Unseren Herrn Jesus Christus zurück, der sie am Abend vor Seinem Tod beim Letzten Abendmahl mit Seinen Aposteln eingesetzt hat. Davon berichten uns übereinstimmend die drei synoptischen Evangelien (Matthäus, Markus und Lukas) und der heilige Paulus in seinem ersten Brief an die Korinther: "Denn ich habe vom Herrn empfangen, was ich euch auch überliefert habe: Der Herr Jesus nahm in der Nacht, in der er verraten wurde, Brot, sagte Dank, brach es und sprach: ‚Nehmt hin und eßt, das ist mein Leib, der für euch hingegeben wird. Tut dies zu meinem Gedächtnis!' Ebenso nahm er nach dem Mahl auch den Kelch und sprach: ‚Dieser Kelch ist der neue Bund in meinem Blute; tut dies, sooft ihr davon trinkt, zu meinem Gedächtnis!' Denn sooft ihr dieses Brot eßt und den Kelch trinkt, verkündet ihr den Tod des Herrn, bis er kommt" (1Kor 11,23-26).

Haben auch die Apostel die Heilige Messe gefeiert?

Als Unser Herr beim Letzten Abendmahl im Anschluß an die heilige Messe zu den Aposteln sprach: "Tut dies zu Meinem Gedächtnis", hat Er sie mit diesen Worten beauftragt, in Seinem Namen ebenfalls die Heilige Messe zu feiern und hat ihnen zugleich die Vollmacht dafür gegeben, also die Kraft, die Wandlung zu vollziehen und damit Seinen Leib und Sein Blut als Opfer darzubringen. Die Heilige Messe war daher von Anfang an Mittelpunkt der christlichen Gemeinde. Von der "Urgemeinde" in Jerusalem wird uns berichtet: "Sie verharrten in der Lehre der Apostel, in der Gemeinschaft, im Brotbrechen und in den Gebeten" (Apg 2,42). Mit "Brotbrechen" ist die Heilige Messe gemeint. Man hat sie mit diesem Ausdruck umschrieben, um das Geschehen einerseits zu verschleiern (denn die Christen waren damals als "Schlächter" und "Kannibalen" verschrieen), andererseits für die "Eingeweihten" gerade auf das Geschehen hinzuweisen: der unter Brotsgestalt anwesende Leib Christi wird "gebrochen", geopfert.

Wie hat sich die Heilige Messe weiter entwickelt?

Die Apostel haben die Gewalt zur Feier der heiligen Geheimnisse durch Handauflegung an ihre Nachfolger weitergegeben (vgl. 1 Tim 4,14). Das ist die Priesterweihe, die den Geweihten insbesondere zur Zelebration der Heiligen Messe befähigt. Sehr bald schon hat es feststehende Formen gegeben. Insbesondere der wichtigste Teil mit den von Jesus Christus direkt übernommenen Wandlungsworten wurde in eine feste Form gebracht und so überliefert. Er bildet bis heute den Grundstock des römischen Meßkanons. Dieser Kanon (=Regel, Richtschnur), der das Herzstück der Heiligen Messe enthält, war im 4. Jhdt. bereits im wesentlichen ausgebildet und erhielt kurz nach 400 seine endgültige Form, die er heute noch hat. Die römische Liturgie setzte sich im Abendland mehr und mehr durch, besonders als sie unter Karl dem Großen für das Frankenreich übernommen wurde. Hier erfuhr die Messe einige Umgestaltungen und Erweiterungen, die allerdings nichts Wesentliches und vor allem nicht den Kanon betrafen. So wurde beispielsweise das "Credo" eingefügt.

Wie kam es zur "tridentinischen Messe"?

Die Messe in der Form, wie sie sich im Frankenreich etabliert hatte, gelangte so im 10./11. Jhdt. nach Italien und Rom zurück und wurde von hier aus, besonders seit dem 13. Jhdt., über das gesamte Abendland verbreitet. Gegen Ende des Mittelalters machte sich jedoch "von Kirche zu Kirche eine wachsende Verschiedenheit breit, wobei das Abergläubische nicht ausgeschlossen war". Diese Verwirrung und teilweise Entstellung wurde nicht zuletzt von den "Reformatoren" genutzt, um die heilige Messe auf breiter Front anzugreifen und eigene Riten zu etablieren. Daher beschloß das Konzil von Trient (1545-1565) eine Neuordnung und Reform der Liturgie, die der heilige Papst Pius V. schließlich durchführte und mit der Herausgabe des "Missale Romanum" 1570 abschloß. Weil dieses Meßbuch auf das Konzil von Trient zurückgeht, wird es "tridentinisch" genannt.

Wie sah diese Reform Papst Pius' V. aus?

Der hl. Papst Pius V. schreibt selbst in seiner Konstitution "Quo primum tempore" vom 14. Juli 1570 zur Einführung des Meßbuchs, er habe "ausgewählten Gelehrten" den Auftrag zur Revision gegeben. "Diese nun haben alles mit den ältesten Handschriften Unserer Vatikanischen Bibliothek verglichen, und mit anderen, von überallher zusammengetragenen, verbesserten und unverdorbenen Kodizes; desgleichen mit den Maßregeln der Alten und den Schriften bewährter Autoren, die uns über die ehrwürdige Einrichtung derselben Riten Aufzeichnungen hinterlassen haben, und so haben sie das Missale auf die Norm und den Ritus der heiligen Väter zurückgeführt." Es ging also wirklich um eine Wiederherstellung des ursprünglichen römischen Ritus, wie er ausgehend von Jesus Christus um den von den Zeiten der Apostel unverfälscht überlieferten Kern im Laufe des ersten Jahrtausends unter Führung des Heiligen Geistes und Aufsicht der Kirche langsam zu seiner endgültigen Gestalt gewachsen war. Es wurde kein neuer Ritus geschaffen, wie dies bei der "Reform" des II. Vatikanums der Fall gewesen ist.

Welche Stellung hat die tridentinische Messe in der Kirche?

Papst Pius V. erklärte in seiner genannten Konstitution, daß mit Einführung des Missale Romanum alle Meßriten abgeschafft seien, die sich nicht auf eine mindestens zweihundertjährige Tradition berufen könnten. (Übrigens wieder im Unterschied zur "Reform" des II. Vatikanums, die den wesentlich älteren und traditionsreicheren tridentinischen Ritus wenigstens de facto unterdrückt hat.)
Das römische Meßbuch sei künftig überall verpflichtend, wo nach dem Ritus der römischen Kirche die Messe gefeiert werde. "Auch verfügen Wir, daß diesem Unseren kürzlich herausgegebenen Meßbuch niemals etwas hinzugefügt, oder davon weggenommen, oder daran geändert werden darf." Der Papst gestattet "mit apostolischer Vollmacht" und gewährt den Priestern "gleichsam für immer, daß sie diesem Meßbuch fürderhin beim Singen oder Lesen der Messe in allen Kirchen, und ohne alle Gewissensbedenken, und ohne Gefahr, sich irgendwelche Strafen, Verurteilungen oder Zensuren zuzuziehen, folgen mögen, und es frei und erlaubterweise benutzen können und dürfen". Auch sollten keine Priester, "ob Welt- oder irgendwelche Ordensgeistliche, gehalten sein, die Messe anders zu feiern, als von Uns bestimmt worden ist, noch von irgendwem gezwungen oder genötigt werden können, dieses Meßbuch zu verändern."

Dennoch hat man im Gefolge des II. Vatikanums eine Neue Messe eingeführt und die alte gewissermaßen "abgeschafft"?

Sie wurde nie wirklich abgeschafft. Eine von Papst Johannes Paul II. im Jahr 1986 eingesetzte Kardinalskommission, die die Anwendung des "Indult" genannten Motu proprio von 1984 untersuchen sollte, hat einstimmig festgestellt, daß das Meßbuch des heiligen Papstes Pius V. in keiner Weise abgeschafft worden ist und daß kein Bischof je das Recht hat, einem Priester den Gebrauch dieses Meßbuchs zu verbieten. Dennoch behandelt man diese Messe so, als sei sie abgeschafft. Man braucht seit dem Konzil eine besondere "Erlaubnis", um sie feiern zu dürfen - eine Erlaubnis, die obendrein sehr restriktiv gehandhabt wird.

Was ist, kurz gesagt, der Unterschied zwischen der Alten und der Neuen Messe?

Kurz könnte man sagen: In der Alten Messe feiern wir das Opfer Unseres Herrn Jesus Christus am Kreuz, also das Geschehen vom Karfreitag; in der Neuen Messe feiert man das "Herrenmahl", also ein Gedächtnis des Abendmahls vom Gründonnerstag. Tatsächlich aber hat Unser Herr am Abend des Gründonnerstag im Kreis Seiner Apostel das Karfreitagsopfer vorweggenommen, indem Er sakramental unter den Gestalten von Brot und Wein Seinen Opferleib und Sein Opferblut gegenwärtig gemacht hat. Und eben dazu hat Er die Apostel beauftragt, als Er zu ihnen sprach: "Tut dies zu Meinem Gedächtnis." Nicht ein Abendmahl sollten sie zu Seinem Gedächtnis feiern, sondern ein Opfer, das Opfer Seines Fleisches und Blutes unter den Gestalten von Brot und Wein.

Wie wirkt sich dieser Unterschied aus?

In der Alten Messe gibt es einen Altar, an dem das Opfer dargebracht wird, und einen Tisch, an dem den Gläubigen die "Speise der Engel" gereicht wird: die Kommunionbank. In der Neuen Messe wurde beides entfernt, und es gibt nun zwei Tische, um die sich die Gemeinde zum "Herrenmahl" versammelt: den "Tisch des Wortes", nämlich das Lesepult, an dem der Wortgottesdienst gefeiert wird, und den "Tisch des Herrenleibes", an dem das "Brot des Lebens gebrochen" wird. Der Akzent liegt nicht mehr auf dem Opfer, sondern auf der Versammlung der Gemeinde. Darum ist der Priester nicht mehr in erster Linie Opfernder, sondern der "Vorsteher" der Versammlung. Zentral ist nicht mehr die reale Gegenwart Christi unter den sakramentalen Gestalten auf dem Altar, sondern die geistige Gegenwart des Herrn in der Gemeinde nach dem oft und gern zitierten Wort: "Denn wo zwei oder drei versammelt sind in meinem Namen, da bin ich mitten unter ihnen" (Matth 18,20). In der Alten Messe ist das Entscheidende die reale Gegenwart Christi auf dem Altar im Moment der heiligen Wandlung, wenn sich in der Trennung der Gestalten von Brot und Wein das Opfer von Kalvaria neu vollzieht. Darum ist es in diesem Moment ganz still, es läuten nur die Glocken, und die Gläubigen ebenso wie der Priester beugen anbetend ihre Knie. Dieses Opfer vollzieht nicht die Gemeinde, sondern allein der Priester, der in diesem Augenblick "in persona Christi", als Sein Stellvertreter, handelt. Darum kann der Priester die Messe auch ganz still feiern oder sogar ohne Teilnehmer; sie verliert deswegen nichts an ihrem Wert und ihrer Bedeutung. Eine "Mahlfeier" alleine oder schweigend abzuhalten, hat freilich wenig Sinn. Es braucht dazu Teilnehmer und einen ständigen "Dialog". Darum ist es auch folgerichtig, wenn bei der "Mahlfeier" die Landessprache zur Anwendung kommt; denn bei einem Tischgespräch soll man sich ja verstehen. Das Opfer der Alten Messe wird sinnvollerweise in der Sakralsprache des Latein vollzogen, die dem Mysterium besser angemessen ist und zum Ausdruck bringt, daß hier eine Kulthandlung stattfindet, die der Priester im Namen Christi Gott darbringt.

Aber ist nicht auch in der "Neuen Messe" noch von einem Opfer die Rede?

Ja, aber nur noch von einem "Lobopfer" im Sinne Luthers. Das Opfer der heiligen Messe hat eigentlich einen vierfachen Zweck: Lob, Dank, Bitte und Sühne. Die beiden letzten Aspekte, und ganz besonders die Sühne, sind für uns in unserem erlösungsbedürftigen Zustand besonders wichtig. Selbst nach der Taufe sündigen wir noch viele Male. "Wenn wir sagen, daß wir keine Sünden haben, so betrügen wir uns selbst, und die Wahrheit ist nicht in uns. Bekennen wir unsere Sünden, so ist er treu und gerecht, daß er uns die Sünden erlasse und uns rein mache von allem Unrecht … und das Blut Jesu Christi, seines Sohnes, macht uns rein von aller Sünde" (1Joh 1,8-9.7). Wir brauchen also das Blut Christi, wir brauchen dieses Sühneopfer. Luther war es, der das Sühneopfer nicht mehr wollte. Er sagte, die Messe sei nur ein Lob- und Dankopfer. Eben das ist die Auffassung in der "Neuen Messe". Daher nennt man sie auch nicht mehr "Meßopfer", sondern bevorzugt "Eucharistie", d.h. Danksagung.

Was ist gegen die Handkommunion einzuwenden? Wurde sie nicht bereits in früheren Jahrhunderten praktiziert?

Es ist richtig, daß man in den ersten Jahrhunderten vielfach die heilige Kommunion auf die Hand empfangen hat. Das war aber keine "Handkommunion" im heutigen Sinn. Es geschah auf verschiedene Weise, aber immer mit großer Ehrfurcht. Schließlich aber war es gerade die Gefahr der Entehrung und der Sakrilegien, die diese Art des Kommunionempfangs in der Kirche schließlich zum Verschwinden brachte. So wurde der andächtige und demütige Empfang der Kommunion im Knien und in den Mund überall üblich, der diese Gefahren - wie das Herunterfallen von Partikeln oder den Verlust der Ehrfurcht vor dem, was ich "begreifen" kann - deutlich verringerte. Es ist sicher nicht sinnvoll, ausgerechnet heute, wo der Sinn für das Heilige ohnehin mehr und mehr im Schwinden ist, wieder zu den alten Formen mit ihren Gefahren zurückzukehren. Die heutige Praxis beweist denn auch zur Genüge, wie berechtigt die ausschließliche Übung der Mundkommunion ist. Unzählige Sakrilegien, die heute mit den heiligen Gestalten geschehen, wären so vermieden worden.

Ein Wort zur "tätigen Teilnahme" der Laien?

Eine "tätige Teilnahme" der Laien wollte schon Papst Pius X. Er verstand darunter allerdings den inneren Nach- und Mitvollzug dessen, was auf dem Altar geschieht. Mit anderen Worten: die Gläubigen sollen sich mit Unserem Herrn auf dem Altar opfern. Darin besteht ihre eigentliche "tätige Teilnahme" am heiligen Meßopfer. Gerade das Gegenteil geschieht in der heute üblichen Form "tätiger Teilnahme", wo die Laien, Männer und Frauen, sich oftmals nicht mehr demütig hingeben und opfern, sondern höchst selbstbewußt vorne am Podest stehen wollen, sich mit Ämtern wichtig machen und publikumsträchtige "Auftritte" absolvieren. Dies entspricht freilich ganz der neuen Auffassung von der Mahlfeier, bei der nicht mehr Gott, sondern der Mensch im Mittelpunkt steht.


Pater Andreas Endl

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